Das deutsche Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist ein essentieller Bestandteil des Arbeitsrechts, das darauf abzielt, Arbeitnehmer vor unrechtmäßigen Kündigungen zu schützen. Unternehmen, die dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterliegen, unterliegen strengeren Voraussetzungen in Bezug auf Kündigungen als sogenannte Kleinbetriebe (s.u.).
Das Kündigungsschutzgesetz etabliert klare Richtlinien und Kriterien, die die Wirksamkeit von Kündigungen regeln, um sozial ungerechtfertigte Kündigungen zu verhindern.
Dieser Artikel soll in der gebotenen Kürze verschiedenen Aspekte des Kündigungsschutzgesetzes beleuchten, angefangen vom Geltungsbereich über die soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung bis hin zur Kündigungsschutzklage und einem möglichen Abfindungsanspruch.
Geltungsbereich
Das Kündigungsschutzgesetz findet uneingeschränkte Anwendung, soweit mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Wird der Schwellwert nicht überschritten, so spricht man von einem Kleinbetrieb.
Eine Ausnahme hinsichtlich des Schwellenwerts gilt für Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2003 beschäftigt waren. Sie besagt: Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern, die am 31.12.2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern beschäftigt waren, haben so lange Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wie mehr als fünf Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt sind, die ebenfalls bereits an diesem Datum dort beschäftigt waren. Der Anwendungsbereich dieser Ausnahme wird zunehmend immer kleiner. Schon gegenwärtig greift sie eben ohnehin nur bei Arbeitnehmern ein, die mindestens schon 20 Jahre bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind. Hinzu müssen vier weitere Arbeitnehmer kommen, die ebenfalls schon derart lange beschäftigt sind.
Bei der Feststellung des Schwellenwerts sind die regelmäßig Beschäftigten zu zählen. Hier kommt es auf deren wöchentliche Arbeitszeit an. Teilzeitbeschäftigte werden mit 0,5 berücksichtigt, soweit sie nicht mehr als 20 Arbeitsstunden pro Woche leisten. Bei nicht mehr als 30 Wochen-Arbeitsstunden mit 0,75 sowie bei mehr als 30 Wochenstunden mit 1,0. Auszubildende sind nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht mitzurechnen.
Ein Rechenbeispiel:
Ein Betrieb in Bayreuth beschäftigt regelmäßig 5 Vollzeitmitarbeiter in der Produktion, 2 Vollzeitmitarbeiter im Büro sowie je 2 Mitarbeiter in Produktion und Büro mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden. Darüber hinaus ist noch der Geschäftsführer tätig.
Die Vollzeitmitarbeiter werden als 7,0 Arbeitnehmer gerechnet. Die 4 Teilzeitkräfte entsprechen insgesamt dem Wert 3,0 (Berechnung: 4*0,75 (da über 20 aber unter 30 Stunden). Der Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer, er bleibt bei der Berechnung unberücksichtigt.
Hier ist das Rechenergebnis exakt 10 Arbeitnehmer, aber eben nicht „mehr als 10“, wie es das Gesetz verlangt. Daraus folgt, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, es liegt ein Kleinbetrieb vor.
Abwandlung:
In dem vorherigen Betrieb wird zusätzlich noch eine Person zur Gebäudereinigung auf 520 Euro-Basis beschäftigt, die regelmäßig 8 Stunden in der Woche tätig ist.
Dieser Arbeitnehmer ist mit einem Wert von 0,5 zu berücksichtigen, denn auch ein Minijobber gelten als Arbeitnehmer. Der Betrieb beschäftigt daher 10,5 Arbeitnehmer. Hier ist der Schwellenwert erreicht und das Kündigungsschutzgesetz findet voll Anwendung.
Eine letzte Voraussetzung für die Anwendbarkeit auf das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers ist das Erfüllen der sogenannten Wartezeit: Der Arbeitnehmer muss bei Zugang der Kündigungserklärung länger als sechs Monate ohne Unterbrechung in demselben Betrieb beschäftigt sein. Erst nach Ablauf der Wartezeit kommt der Arbeitnehmer in den Genuss des Schutzes des Kündigungsschutzgesetzes.
Soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung
Im Kleinbetrieb kann ein Arbeitgeber ohne die Einhaltung der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes kündigen. Einschränkungen gelten für sogenannte Willkür- oder Maßregelkündigungen, deren Besprechung diesen Rahmen jedoch sprengen würde.
Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kommt eine Kündigung als letztes Mittel selbstverständlich auch in Betracht. Der Arbeitgeber muss jedoch stets versuchen, eine Kündigung durch geeignete Maßnahmen zu verhindern und die Interessen abwägen.
Daraus folgt, dass eine Kündigung jedenfalls dann sozial nicht gerechtfertigt ist, soweit:
- der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, oder
- eine weitere Beschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer hierzu sein Einverständnis erklärt hat, oder
- eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist, oder
- eine weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder einem anderen Betrieb desselben Unternehmens möglich ist, oder
- ein Verstoß gegen Auswahlrichtlinien gemäß § 95 Betriebsverfassungsgesetz vorliegt.
In allen diesen Fällen ist zur Unwirksamkeit der Kündigung ein schriftlicher Widerspruch des Betriebsrates (soweit vorhanden) innerhalb von einer Woche erforderlich (§ 102 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz).
Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn einer der drei Kündigungsgründe vorliegt, die das Kündigungsschutzgesetz vorsieht:
Personenbedingte Kündigung
Die Kündigung erfolgt aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Das können Eigenschaften oder Fähigkeiten eines Arbeitnehmers sein.
Nachdem die Gründe in der Person liegen, ist eine Abmahnung (dazu hier mehr: Klick) vor Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich.
Beispiele für personenbedingte Kündigungsgründe sind:
- mangelnde körperliche oder geistige Eignung für die Tätigkeit,
- mangelnde persönliche oder fachliche Eignung für die Tätigkeit (z.B. Prüfungen werden nicht bestanden),
- fehlende Arbeitserlaubnis,
- Arbeitsverhinderung (z.B. Verlust des Führerscheins eines Kraftfahrers, Haft)
- erhebliche Abnahme der Leistungsfähigkeit durch zunehmendes Alter oder Erkrankungen, die eine Verwendbarkeit des Arbeitnehmers über die Maßen einschränken,
- krankheitsbedingte Fehlzeiten. Eine Krankheit für sich gesehen zählt nicht als Kündigungsgrund. Sie wird erst dann zu einem solchen, wenn aufgrund einer negativen Zukunftsprognose die Erwartung besteht, dass auch zukünftig eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Belange des Arbeitgebers eintreten wird.
Gerade bei mangelnder Eignung oder Krankheit muss der Arbeitgeber immer prüfen, ob alternative Beschäftigungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden, bevor er zu einer Kündigung als drastischer Maßnahme greift.
Bei länger andauernder Krankheit (länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt innerhalb eines Jahres) ist darüber hinaus ein sogenanntes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen.
Verhaltensbedingte Kündigung
Die Kündigung erfolgt aus Gründen, die in einem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, das ein verständig urteilender Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung nehmen würde.
Der große Unterschied zu den personenbedingten Gründen ist der, dass die Gründe bei der verhaltensbedingten Kündigung für den Arbeitgeber steuerbar sind. Aus diesem Grund ist auch im Regelfall vor Kündigung eine Abmahnung (dazu hier mehr: Klick) erforderlich. Diese soll dem Arbeitnehmer ermöglichen, das ihm vorgeworfene Verhalten zu ändern, bevor es zu einer Kündigung kommt. Eine Kündigung ohne vorherige einschlägige Abmahnung ist unwirksam, soweit eine Abmahnung nicht ausnahmsweise aufgrund der Schwere des vorgeworfenen Verhaltens entbehrlich ist.
In jedem Fall setzt die verhaltensbedingte Kündigung eine Interessenabwägung voraus, die die Gesamtumstände berücksichtigt.
Betriebsbedingte Kündigung
Die Kündigung basiert auf dringenden betrieblichen Gründen. Diese Gründe müssen einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Grundlage ist stets eine sogenannte unternehmerische Entscheidung.
In Betracht kommen innerbetriebliche (z.B. erforderliche Rationalisierung, Einschränkung von Produktion) und außerbetriebliche (z.B. rückläufiger Absatz, Kündigung oder Ausbleiben von Krediten) Gründe. Die Gründe müssen letztlich dazu führen, dass die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers auf Dauer entfällt. Nur kurzfristig ausbleibende Beschäftigungsmöglichkeiten genügen nicht, da weniger harte Maßnahmen zunächst auszuschöpfen sind. So z.B. die Einführung von Kurzarbeit oder auch Überstundenabbau. Ist das möglich, fehlt es an der Voraussetzung einer dringenden Erforderlichkeit.
Außerdem muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit fehlen. Soweit der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz beschäftigt werden könnte, so ist eine Kündigung nicht möglich. Das gilt auch dann, wenn hierfür eine zumutbare Umschulung, Fortbildung oder eine Änderung der Arbeitsbedingungen notwendig wäre.
Schließlich ist eine betriebsbedingte Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer eine sogenannte Sozialauswahl zugrunde gelegt, also soziale Aspekte ausreichend berücksichtigt wurden. Hierbei ist von Relevanz:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers,
- (Lebensalter des Arbeitnehmers,)
- Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und
- Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.
Ein berechtigtes betriebliches Interesse kann dazu führen, dass diejenigen Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur, von der Sozialauswahl ausgenommen werden können.
Kündigungsschutzklage
Arbeitnehmer haben das Recht, gegen eine Kündigung vor dem für sie zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage zu erheben.
Diese Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung bei dem Arbeitnehmer eingereicht werden. Aufgrund dieser sehr kurzen Frist, sind Arbeitnehmer gut beraten, den Zugang der Kündigung zu notieren und sich zügig darüber klar zu werden, ob sie gegen eine Kündigung klagen möchten. Denn verstreicht diese Frist, so gilt die Kündigung als wirksam.
Das Arbeitsgericht prüft nach Klageerhebung die Wirksamkeit der Kündigung.
Abfindungsanspruch
Das Kündigungsschutzgesetz kennt einen Abfindungsanspruch nur in einem einzigen Fall, nämlich geregelt in § 1a KSchG.
Der Arbeitnehmer hat hiernach bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Wahlrecht zwischen der Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder einer Abfindung von einem halben Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr. Bei der Ermittlung der Dauer der Beschäftigung ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.
Allerdings:
„Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.“
Wortlaut des § 1a Absatz 1 Satz 2 des Kündigungsschutzgesetzes
Vielfach wird jedoch auch abseits dieses Anspruchs eine Abfindung angeboten oder vereinbart, dies vor allem auch dann, wenn eine Kündigung möglicherweise unwirksam war. Die Höhe der Abfindung wird dann regelmäßig ebenfalls nach der Formel „0,5 Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr“ berechnet. Die Abfindung dient als finanzielle Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Fazit
Insgesamt bildet das Kündigungsschutzgesetz einen Rahmen im deutschen Arbeitsrecht, um eine ausgewogene und faire Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sicherzustellen.
Es schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen Kündigungen und bietet gleichzeitig Mechanismen, um im Falle von Konflikten eine gerechte Lösung zu finden.
Ich berate Sie gerne rund um Fragen zum Kündigungsschutzgesetz.
Autor: Christoph Schmitt