Auch wenn Urlaubsansprüche die Arbeitsgerichte sicherlich ingesamt seltener beschäftigen als Kündigungen, von deren Abgeltung einmal abgesehen, so sind sie doch immer wieder einmal Inhalt von Rechtsstreitigkeiten. In diesem kurzen Beitrag möchte ich mich mit der sogenannten „Selbstbeurlaubung“ beschäftigen, also dem Umstand, dass ein Arbeitnehmer eigenmächtig Urlaub nimmt bzw. antritt, ohne dass dieser arbeitgeberseits genehmigt wurde.

In vielen dieser Fälle geht der Selbstbeurlaubung durchaus ein Urlaubsantrag des Arbeitnehmers voraus, der möglicherweise aus dringenden betrieblichen Belangen abgelehnt oder auf den nicht reagiert wird. Der Arbeitnehmer hält diese Gründe allerdings für vorgeschoben oder meint, die ausbleibende Reaktion komme einer Genehmigung gleich und tritt seinen Urlaub eigenmächtig dennoch an.

Sowohl das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg, Urteil vom 01. Oktober 2020, Az. 17 Sa 1/20, als auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. November 2021, Az.5 Sa 88/21 haben jedoch in derartigen Fällen entschieden, dass die Selbstbeurlaubung (also der eigenmächtige Urlaubsantritt) grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann.

Über die Urlaubsgewährung entscheidet nach § 7 des Bundesurlaubsgesetzes nämlich grundsätzlich alleine der Arbeitgeber.

Dazu kommt noch, dass in diesen Fällen in der Regel das sonst zumeist notwendige Aussprechen einer vorherigen Abmahnung, vor der verhaltensbedingten Kündigung, ausnahmsweise entfallen kann. Der Arbeitnehmer wird bei solchen Pflichtverletzungen nämlich nicht davon ausgehen können, dass der Arbeitgeber diese bewusste Arbeitsverweigerung ohne Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers, aber auch anderer Mitarbeiter – zumindest einmalig – hinnehmen wird.

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern führt in seiner vorgenannten Entscheidung außerdem aus:

Ein Arbeitnehmer, der ohne jeglichen Grund nicht zur Arbeit erscheint, verletzt nicht nur eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, sondern vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist. Dies wirkt sich unmittelbar als Störung des Arbeitsverhältnisses im Leistungsbereich und als Beeinträchtigung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung aus

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. November 2021, Az.5 Sa 88/21 , Rz. 37

Der Arbeitnehmer sei auch dann grundsätzlich nicht berechtigt, sich selbst zu beurlauben oder freizustellen, wenn er möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung von Urlaub oder eine Freistellung gehabt hätte, d.h. wenn etwa dringende betriebliche Belange tatsächlich nicht vorlagen. Ein solcher Anspruch sei nämlich im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchzusetzen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln. (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. November 2021, Az.5 Sa 88/21 , Rz. 38)

Die Revision in dem von dem LAG Baden-Württemberg entschiedenen Fall wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 20.05.2021 zurück und führte unter anderem aus:

IV. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, für die außerordentliche fristlose Kündigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses der Parteien habe ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB bestanden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Der Kläger hat durch den eigenmächtigen Antritt eines von der Beklagten nicht gewährten Urlaubs eine erhebliche Pflichtverletzung begangen, die „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.

BAG, Urteil vom 20. Mai 2021, Az. 2 AZR 457/20, Rz. 24 f.

Fazit

Arbeitnehmern rate ich daher, geplante Abwesenheiten und Urlaube mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf bei dem Arbeitgeber zu beantragen und sich diese Zeiten ausdrücklich genehmigen zu lassen.


Autor: Christoph Schmitt