Äußere Form von Arbeitszeugnissen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hatte sich mit der Frage der äußeren Form eines Arbeitszeugnisses auseinanderzusetzen.

Die Entscheidung vom 02.11.2023 zu Aktenzeichen 5 Sa 35/23 soll hier in der gebotenen Kürze dargestellt werden.

Ausgangspunkt

Ein Arbeitnehmer hat im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.

Hierbei unterscheidet man zwischen einem einfachen Zeugnis, das mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält sowie einem qualifizierten Zeugnis, welches darüber hinaus noch Angaben zu Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis enthält.

Der Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen qualifizierten Arbeitszeugnisses bestimmt sich nach § 109 Abs. 1 und 2 GewO (Gewerbeordnung).

Absatz 2 bestimmt insbesondere, dass das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein muss. Es darf außerdem keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als die der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern stellt alsdann klar:

Sowohl der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses als auch dessen äußere Form richten sich nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und dadurch Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, als Grundlage für die Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber sein Verhalten und seine Leistung beurteilt. Daraus ergeben sich als inhaltliche Anforderungen das Gebot der Zeugniswahrheit und das in § 109 Abs. 2 GewO auch ausdrücklich normierte Gebot der Zeugnisklarheit. Auch seiner äußeren Form nach muss ein Zeugnis den Anforderungen entsprechen, wie sie im Geschäftsleben an ein Arbeitszeugnis gestellt und vom Leser als selbstverständlich erwartet werden (BAG, Urteil vom 27. April 2021 – 9 AZR 262/20 – Rn. 10/11, juris = NZA 2021, 1327).

a.a.O., Randnummer 35.

Formulierungen und Ausdrucksweise stehen in dem pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers. Maßstab sei dabei ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber. Der Arbeitgeber habe insoweit einen Beurteilungsspielraum.

Nachdem ein größerer Personenkreis als Adressat des Zeugnisses in Betracht komme, der ein Zeugnis nicht unbedingt einheitlich versteht, sei bei der Beurteilung von Inhalt und äußerer Form eines Zeugnisses auf die Sicht „eines objektiven und damit unbefangenen Arbeitgebers mit Berufs- und Branchenkenntnissen abzustellen“.

Entscheidend sei also, wie ein solcher Leser des Zeugnisses dieses auffassen würde. So hatte dies auch das Bundesarbeitsgericht gesehen (Urteil vom 27. April 2021 zu Aktenzeichen 9 AZR 262/20).

Entscheidung

Bei Berücksichtigung dieser Aspekte kommt das LAG dazu:

a.

Ein Arbeitszeugnis darf regelmäßig ein Adressfeld enthalten, in dem nicht nur der Name des Arbeitnehmers, sondern auch dessen Anschrift angegeben ist. Die Angabe der Anschrift entwerte das Zeugnis nicht und lasse keinen Rückschluss dahingehend zu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr im Betrieb habe sehen wollen.

Es bestehe zwar kein Anspruch auf Übersendung, vielmehr liege eine Holschuld vor (d.h. das Zeugnis muss an sich durch den Arbeitnehmer abgeholt werden). Die Sendung mit der Post sei aber durchaus gebräuchlich. Es sei zwar möglich, im Zeugnis die Adresse wegzulassen, und stattdessen ein Anschreiben mit der Adresse beizufügen. Zwingend sei dies jedoch nicht, da der äußere Eindruck des Arbeitszeugnisses lediglich durch die Angabe der Anschrift nicht entwertet oder in irgendeiner Weise eingeschränkt wird.

b.

Das Zeugnis müsse auf den ersten Blick zuverlässig erkennen lassen, wer es ausgestellt habe und welche Stellung der Aussteller im Betrieb habe.

Dies führe dazu, dass der Name des Unterzeichners und seine Stellung als „kennzeichnender Zusatz“ in Druckschrift beigefügt werde.

Die Funktion und die berufliche Stellung des Unterzeichners bzw. seine Stellung innerhalb des Betriebs geben Aufschluss über die Wertschätzung des Arbeitnehmers und die Kompetenz des Ausstellers zur Beurteilung des Arbeitnehmers. Das Fehlen dieser Angaben kann sich als nachteilig für den Arbeitnehmer erweisen (BAG, Urteil vom 21. September 1999 – 9 AZR 893/98 – Rn. 31, juris = NZA 2000, 257; BAG, Urteil vom 26. Juni 2001 – 9 AZR 392/00 – Rn. 17, juris = NZA 2002, 33). Ein Zeugnisleser muss das Rangverhältnis des Zeugnisausstellers zu dem Arbeitnehmer ohne weitere Nachforschungen aus dem Zeugnis ablesen können (BAG, Urteil vom 4. Oktober 2005 – 9 AZR 507/04 – Rn. 17, juris = ZTR 2006, 260). Im Arbeitsleben wird regelmäßig eine Angabe zur Berufsbezeichnung, Funktion und Stellung des Unterzeichners im Zusammenhang mit seiner Unterschrift erwartet.

a.a.O. Randnummer 41.

c.

Ein Zeugnis dürfe zweimal gefaltet werden, um das DIN-A4-Papier in einem herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen. Das Zeugnis müsse hierdurch jedoch kopierfähig bleiben, da es bei Bewerbungen regelmäßig als Kopie oder eingescanntes Dokument beigefügt werde. Sicherzustellen ist daher, dass es dem Arbeitnehmer möglich bleibt, mit einem handelsüblichen Gerät mittlerer Art und Güte eine saubere und ordentliche Abschrift in Papier- oder Dateiform herzustellen.

Insbesondere dürften sich hier keine Schwärzungen im Bereich der Falzungen störend abzeichnen und den optischen Gesamteindruck schmälern

d.

Das Zeugnis müsse eine stimmige Datierung enthalten sowie eine bündige Formatierung der Tätigkeitsaufzählung.

EXKURS: Geschäftspapier

In den Zusammenhang der äußeren Form passt selbstverständlich auch ein Exkurs zur Frage, welches Briefpapier der Arbeitgeber zu verwenden hat.

Grundsätzlich gilt nämlich, dass Arbeitszeugnisse auf einem Firmenbogen auszustellen sind, wenn der Arbeitgeber üblicherweise Geschäftspapier für seine Geschäftsvorgänge verwendet.

Vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 03.03.1992 zu Az. 5 AZR 182/92).

Das Arbeitszeugnis müsse einen ordnungsgemäßen Briefkopf enthalten, der Name und Anschrift des Arbeitgebers deutlich erkennen lasse. Der Briefkopf könne auch selbst am PC gestaltet werden. Wenn der Arbeitgeber allerdings im Geschäftsverkehr regelmäßig ein bestimmtes Geschäftspapier nutze, müsse er dieses auch für das Arbeitszeugnis verwenden. Hält er sich hieran nicht, so gilt das Zeugnis als nicht ordnungsgemäß ausgestellt.

Existiert in großen Unternehmen unterschiedliches Geschäftspapier für verschiedene Abteilungen, kann auch ein Recht auf Nutzung des Geschäftspapiers der konkreten Abteilung bestehen (Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 21.12.1993 zu Az. 4 Sa 880/93).

Soweit ein Unternehmen neben dem herkömmlichen Geschäftspapier auch noch über sog. Repräsentationsbögen verfügt, so müsse das Zeugnis hierauf ausgestellt werden, meint das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 27.02.1997 zu Az. 4 Sa 1691/96). Allerdings muss auch dieses Papier Name und Anschrift des Unternehmens erkennen lassen.

Das Landesarbeitsgericht Köln entschied schließlich kürzlich, dass ein aus einem Unternehmen ausscheidender Arbeitnehmer kein vollständig auf Geschäftspapier verfasstes Arbeitszeugnis verlangen könne. Soweit der Arbeitgeber in der Korrespondenz mit Dritten nur für die erste Seite das Geschäftspapier verwende, so müsse auch nur die erste Seite des Arbeitszeugnisses mit dem Briefpapier des Unternehmens ausgestellt werden (LAG Köln Urteil vom 12.09.2023 zu Az. 4 Sa 12/23).


Autor: Christoph Schmitt